Dr. Arthur Trautmann

Walldürner Sozialdemokraten

Als überzeugter Demokrat und Poet hat er Walldürner Ge­schich­te geschrieben

Ralf Beyersdorfer

Zur Erinnerung an Dr. Arthur Trautmann, anlässlich seines 125. Geburtstages

 „Weil jeder Teil den anderen stützt konnt‘ ich Jahrhundert steh’n. Wenn jeder so dem Ganzen nützt wird keiner untergeh’n“ – wer aufmerk­sam durch Walldürn läuft, kann diese Worte des sozial­demo­kra­ti­schen Bürgermeisters Dr. Arthur Traut­mann auf dem Hi­sto­rischen Rathaus lesen. Wie kaum ein anderer hat er die Entwicklung Walldürns ge­prägt und so findet man noch heute in ganz Walldürn Spuren seines Wirkens.

Am 11. Mai 1894, also vor 125 Jahren, wurde der ehemalige Wall­dür­ner Bürgermeister und Ehren­bürger Dr. Arthur Traut­mann in Ettlingen geboren. Seine Eltern be­trieben dort eine Brauereigast­stätte. Kindheit und Jugend ver­brachte er in seiner Heimatstadt. Nach dem Abitur im Jahr 1912 folgte eine einjährige Wehr­dienst­zeit bei den kaiserlichen Fußartiller­isten. Anschließend wollte er an der Technischen Hochschule in Karlsruhe Architektur studieren. Schon bald wechselte er das Studienfach und studierte er an der Universität Heidelberg Rechts­wissen­schaften. Seine Studienzeit wurde durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen, als Arthur Traut­mann im Rang eines Leutnants der Reserve seinen Kriegsdienst leisten musste. Im Jahr 1919 beendete er sein Studium mit der Pro­motion zum Doktor der Juris­prudenz. Seine erste Anstellung fand Traut­mann als Ge­richts­as­ses­sor im Badischen Justiz­mini­ste­rium in Karlsruhe.

Als die Stelle des Bürgermei­sters in Walldürn ausgeschrie­ben wurde, bewarb sich Dr. Trautmann erst­mals erfolgreich um das Amt, das er von 1925 bis 1929 innehaben sollte. Als Bürgermeister war er nicht nur Verwaltungschef, sondern auch Vorsitzender der damaligen Gemeindeparlamente des „Ge­mein­de­rates“ und dem „Bürger­aus­schusses“; doch der über­zeugte Demokrat hatte nicht immer einen leichten Stand gegen national­kon­ser­vative Kräfte, die nicht akzep­tieren wollten, dass Arbeiter- und Soldaten­räte mit der Revolution 1918 ihre „alte Ordnung“ ge­stürzt hatten.

Unterstützung hingegen fand er unter anderem bei dem ebenfalls 1925 nach Walldürn gezogenen Hauptlehrer Fridolin Bischof, der bekennender So­zial­demokrat war und den da­mals noch stark von der Arbeiter­bewegung geprägten Orts­verein der SPD für bürger­liche Kräfte öffnete. Gemeinsam setzten sie sich für die Verbes­serung der sozialen Lage der Arbeiterschaft und ihrer Fami­lien ein.

Bereits in seiner ersten Amtszeit gelang es Arthur Trautmann, wichtige Akzente in Walldürn zu setzen. So nahm er als eine Maßnahme zur Verbesserung der Infrastruktur und Moderni­sierung der Verwaltung, den Umbau und Renovierung des alten Rathauses in Angriff, bei dem das historische Fachwerk wieder freigelegt wurde und das Rathaus sein heutiges Aus­sehen erhielt. Eine neue Rat­hausuhr samt Glocken (die alten Glocken wurden im 1. Weltkrieg beschlagnahmt) sowie re­präsentative Rathaus­möbel, die teil­weise noch heute in Ver­wendung sind, wurden ebenfalls beschafft. Anlässlich der Ein­wei­hung des renovierten Rat­hauses feierte Walldürn 1927 den Heimat­tag mit großem historischem Fest­zug.

Weitere herausragende Erfolge der ersten Amtszeit von Arthur Traut­mann waren der Unter­richts­­beginn an der Bezirks­handels­schule (kauf­männische Schule) im Jahr 1926 und die Grund­stein­le­gung der Ju­gend­­her­berge 1929. Dennoch ent­schied sich Trautmann 1929 sich auf die Bürger­meisterstelle in Schwetzingen zu bewerben. Den Bürger­meister­ses­sel der Re­si­denz­stadt musste er bereits 1933 auf Druck der neuen Macht­haber des „Dritten Reiches“ verlassen.

Erst nach dem Untergang des „Dritten Reiches“ konnte sich Trautmann wieder politisch be­tä­tigen. Die Walldürner Sozial­de­mokraten konnten Dr. Traut­mann 1948 für eine erneute Kan­di­datur in Walldürn ge­win­nen.  „Aus allen Ständen der dor­ti­gen Bevölkerung geht mir der Wunsch zu, mich erneut für das Amt des Bürger­meisters der Stadtgemeinde Wall­dürn zur Verfügung zu stellen“, so die einleitenden Worte Trautmanns bei seiner Bewerbung um das Amt. Schon nach dem ersten Wahlgang am 1. Februar 1948 wurde klar, wer künftig die Geschicke Walldürns lenken sollte. Auch wenn er nicht die erforderliche absolute Mehrheit der Stimmen erzielen konnte, setzte sich Dr. Trautmann mit einem deutlichen Vorsprung ge­gen seine Mitbewerber, da­runter auch der amtierende Bür­ger­meister Dr. Schmidt, durch. Im zweiten Wahl­gang wurde er dann mit 94,8 Pro­zent der abgegebenen Stimmen auf die Dauer von sechs Jahren zum Bürgermeister gewählt. Bei seiner Wiederwahl 1954 sollte er einen für die damalige Zeit seltenen Vertrauensbeweis er­halten. Mit 98,7 Prozent der ab­ge­gebenen gültigen Stimmen wurde in seinem Amt bestätigt.

Die Vorzeichen, unter den Dr. Arthur Trautmann sein Bürger­meisteramt antrat, waren alles andere als günstig: drei Jahre nach dem katastrophalen 2. Welt­krieg herrschte in Nord­ba­den Notstand - die Versor­gungs­lage war immer noch prekär, die wirtschaftliche und soziale Lage weitestgehend armselig. In den folgenden 18 Jahren sollte Trautmann vehement dafür kämpfen, dass die lange vernachlässigte Re­gion ihren Anteil am wirt­schaft­li­chen Aufschwung erlangt. Allzu oft musste sich Trautmann da­bei gegen Wieder­stände der konservativen Gemein­derats­mehrheit durch­setzen – oft auch auf unkonventionellen We­gen.

Geradezu beispielhaft für Traut­manns großen Pragmatismus und seine Bereitschaft, auch un­konven­tionelle Wege zu gehen, ist die Gewinnung der Bundes­wehr­gar­nison für Wall­dürn. Zu einem Zeit­punkt, als in der jungen Bundes­politik die Frage der Wiederbe­waffnung kontrovers diskutiert wurde, forderte Trautmann, dass das „Badische Hinterland“ prüfen müsse, ob es seinen Anteil an dieser Entwicklung einfordern wol­le. Dabei wollte sich Traut­mann nicht auf Grund­satz­diskus­sionen über das Für oder Wider die Aufstellung einer bundes­deutschen Armee ein­las­sen. Für Trautmann war klar, sollte die Wieder­bewaffnung kommen, muss die hiesige Region diese Chance ergreifen. So ist es vor allem ihm zu verdanken, dass sich Walldürn heute „Wallfahrts- und Gar­nison­stadt“ nennen kann.

Mit großem politischem Ge­schick gelang es Dr. Arthur Trautmann aus der land­wirt­schaft­lich ge­präg­ten Kleinstadt Walldürn eine moderne Wohn-, Schul-, Amts- und Garnison­stadt zu entwickeln. Ge­mein­sam mit dem späteren Direktor Fritz Sebastian ist es ihm ge­lungen, mit der Wirtschaftsober­schule (dem heutigen Wirt­schafts­gymnasium) die erste Bildungs­einrichtung dieser Art im ländlichen Raum ins Leben zu rufen. Später setzte sich Trautmann tatkräftig dafür ein, dass auch Walldürn eine Real­schule erhalten sollte.

Im Jahr 1954 wurde mit der Firma „Richard Rohlf, Elektro­fein­me­chanisches Werk“ der Grund­stein für eine der erfolg­reichsten In­dustrie­ansiedlungen der Region in Walldürn gelegt. Noch heute ist das Nach­folge­unternehmen einer der wichtig­sten Arbeitgeber der Re­gion.

Trautmann war aber nicht nur der „Macher“, der die Infra­struktur verbessert hat und dem es gelang Institutionen, Schulen und Unter­nehmen für Walldürn zu ge­win­nen. Arthur Trautmann war auch ein Mensch der Muse, der gerne Gedichte schrieb und dem die Kultur- und Heimat­pflege am Herzen lagen.
Als Würdigung und An­er­ken­nung für seine großen Ver­dienste um Walldürn erhielt Dr. Traut­mann zu seinem 65. Ge­burts­tag im Jahr 1959 eine Ehren­amtskette in Gold ver­lie­hen, und an seinem 77. Ge­burtstag im Jahr 1971 ernannte ihn der Stadtrat zum Ehren­bürger Walldürns. Heute er­in­nert die „Dr.-Traumann-Straße“ an einen Men­schen, der die Ent­wick­lung Wall­dürns nachhaltig geprägt hat. Im Jahr 1966 ver­ab­schiedete sich Dr. Arthur Traut­mann von Walldürn und zog nach Müllheim im Mark­gräfler­land, der Heimat seiner Mutter. Am 4. Januar 1974 ver­starb Arthur Trautmann in Offen­burg. Walldürn ist ihm noch heute zu großem Dank verpflichtet.

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